Meeting oder Workshop? Warum der Unterschied entscheidend für den Erfolg ist und der Raum die Weiche stellt

Stellen Sie sich zwei Türen vor. Hinter der ersten befindet sich ein klassischer Besprechungsraum: ein langer Tisch, Stühle in Reih und Glied, ein Bildschirm, der schon im Ruhezustand Autorität ausstrahlt. Hinter der zweiten Tür liegt ein Raum, der anders spricht. Er ist beweglich, offen, lebendig. Gedanken dürfen hier wachsen, bevor sie bewertet werden. Menschen dürfen hier ausprobieren, bevor sie entscheiden.

Beide Räume dienen der Zusammenarbeit. Aber sie fördern völlig unterschiedliche Arten des Denkens.

Und genau deswegen ist es problematisch, wenn wir Meeting und Workshop verwechseln. Wir erwarten Tiefe, Veränderung oder Kreativität, stellen Menschen aber in ein Setting, das dafür gar nicht gebaut ist.

So haben Forscher entdeckten, dass Menschen an runden Tischen deutlich kooperativer verhandeln als an eckigen, obwohl ihnen der Unterschied gar nicht bewusst ist. Architektur wirkt also ständig mit, selbst wenn wir ihr keine Beachtung schenken.

Warum Meetings oft stecken bleiben

Meetings haben absolut ihre Berechtigung. Sie strukturieren, ordnen, teilen Informationen. Sie geben Halt. Aber sie laden selten dazu ein, Muster zu durchbrechen oder gemeinsam Neues zu entwickeln.

Psychologisch passiert in Meetingräumen etwas sehr Einfaches: Menschen fallen in ihre erwarteten Rollen zurück. Wer immer die kritischen Fragen stellt, tut es auch hier. Wer eher abwartend ist, bleibt es. Und die Person am Kopf des Tisches führt, selbst dann, wenn sie es gar nicht möchte.

Hinzu kommt: Sitzen macht passiv. Es dämpft den Impuls, Widerspruch zu äußern. Es fördert Höflichkeit mehr als Originalität. Sie merken: Das Setting bestimmt, ob wir denken oder ob wir verwalten.

Warum Workshops anders funktionieren

Ein Workshop verfolgt ein anderes Ziel: nicht verwalten, sondern gestalten. Nicht nur reden, sondern entwickeln. Dafür braucht es Raum für Bewegung, Pausen für Reflexion und eine Atmosphäre, in der nicht sofort bewertet wird.

Workshops holen Menschen aus ihren Rollen heraus. Materialien in der Hand aktivieren andere Bereiche des Gehirns. Das Stehen vor einem Board erzeugt ein anderes Verantwortungsgefühl als das Sitzen hinter einem Tisch. Und Ideen, die sichtbar werden – sei es auf Post-its oder auf einem Whiteboard – verlieren ihre Schwere. Sie werden verhandelbarer, leichter, mutiger.

Wenn man das begreift, versteht man auch, warum Workshops im Konferenzraum selten gut funktionieren. Er ist schlicht für etwas anderes gebaut.

Räume programmieren unser Denken

Die Psychologie zeigt, wie stark Räume wirken: Offene Flächen fördern ein offenes Denken. Helles Licht steigert die Bereitschaft, neue Wege zu gehen. Bewegliche Möbel signalisieren, dass auch Gedanken sich bewegen dürfen. Stehen erzeugt Energie und Mut. Sitzen erzeugt Sicherheit und Zurückhaltung. Und manchmal wirkt der Raum sogar widersprüchlich zu dem, was wir erreichen wollen.

In einem Experiment wurden Personen, die auf leicht wackeligen Unterlagen standen, kompromissbereiter. Körperliche Instabilität führte also zu mentaler Flexibilität.

Das zeigt: Räume gestalten Verhalten – oft auf überraschende Weise.

Die häufigste Falle: Workshop-Erwartung im Meeting-Setting

Viele Teams stolpern genau hier hinein. Man möchte Neues entstehen lassen, aber der Raum signalisiert: „Bitte beim Alten bleiben.“

Es ist kein Zufall, dass Teams in Workshopräumen plötzlich kreativer werden, obwohl dieselben Menschen im Meetingraum kaum etwas sagen. Sie reagieren nicht nur auf Inhalte, sondern vor allem auf Atmosphäre und räumliche Signale.

Ein Raum, der zur Kontrolle gebaut wurde, kann keine Offenheit erzeugen. Ein Raum, der Distanz fördert, schafft keine Verbindung. Und ein Raum, der fixiert, erzeugt keine Bewegung.

Wann ein Meeting sinnvoll ist und wann ein Workshop

Meetings sind wertvoll, wenn es darum geht, Entscheidungen zu treffen oder Informationen zu bündeln.

Workshops braucht es, wenn die Aufgaben komplex sind, wenn Perspektiven wichtig werden, wenn Konflikte aufbrechen sollen oder wenn Teams gemeinsam an einem Problem arbeiten. Dann braucht es einen Raum, der Mut macht, nicht nur Ordnung.

Beide Formen sind wichtig, aber sie brauchen unterschiedliche Bedingungen.

Was ein guter Workshopraum leisten muss

Ein Workshopraum ist kein dekorierter Meetingraum. Er stellt andere Fragen:

  • Wie leicht können Menschen sich bewegen?

  • Wie sichtbar werden Gedanken?

  • Wie frei fühlen sich Menschen, Neues auszuprobieren?

  • Wie gut unterstützt der Raum nonlineares Denken?

  • Wie viel Energie erzeugt er?

Bewegliche Whiteboards, große Wandflächen, Materialien zum Ausprobieren, Licht, das wach macht. All das sind nicht „Extras“, sondern Werkzeuge. Sie sind stille Co-Moderator:innen, die Schritt für Schritt das Denken beeinflussen.

Veränderung braucht Räume, die Veränderung ermöglichen

Wenn Workshops nicht funktionieren, liegt es selten an den Menschen und noch seltener an den Methoden. Oft liegt es am Raum. Er entscheidet darüber, ob wir uns trauen, laut zu denken. Ob wir uns bewegen. Ob wir uns öffnen. Ob wir bereit sind, alte Muster loszulassen.

Gute Räume sind keine Kulisse. Sie sind psychologische Interventionen. Sie machen aus Pflicht Beteiligung, aus Gespräch Entwicklung und aus einer Gruppe ein Team.

Und wenn Sie erleben möchten, wie befreiend es wirkt, wenn ein Raum nicht begrenzt, sondern beflügelt, dann laden wir Sie ein, es auszuprobieren. In einem Setting, das Workshops nicht nur möglich macht, sondern erfolgreich.

Ein Design-Thinking-Workshop in unserem Loft in der Ankerbrotfabrik Wien

Ein Design-Thinking-Workshop in unserem Penthouse in der Ankerbrotfabrik Wien

Ingrid Gerstbach
Ingrid Gerstbach ist Österreichs Expertin für Design Thinking. Sie berät Unternehmen bei der Einführung von Design Thinking und in der erfolgreichen Umsetzung von Projekten.
https://ingridgerstbach.com
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Warum wir auf Pinnwände verzichten