Der Raum als Co-Trainer

Wenn wir an die besten Workshops zurückdenken, die wir je moderiert haben, dann erinneren wir uns nicht zuerst an die Post-its, an die Agenda oder sogar an die Ergebnisse. Wir erinneren uns an den Raum. An die Luft, die durch die geöffneten Fenster strömte. An das Sonnenlicht, das auf den Boden fiel und wie ein stiller Mitspieler wirkte. An die Stille in den Pausen – und daran, wie genau diese Stille den Ideen Raum gab zu wachsen.

Wir unterschätzen ihn oft: den Raum. Nicht nur als physischen Ort, sondern als emotionalen, sozialen, mentalen Container. Dabei ist er immer da. Und er wirkt – ob wir ihn bewusst gestalten oder nicht.

Räume sprechen – aber hören wir zu?

Wir moderierten einmal einen Workshop mit einem Führungsteam, das sich schwer tat, in die Tiefe zu gehen. Die Gespräche blieben an der Oberfläche. Man analysierte viel, fühlte wenig. Erst in der Reflexion fiel uns auf, dass der Raum – ein gläserner Konferenzsaal im 27. Stock eines Büroturms – die Atmosphäre regelrecht eingefroren hatte. Jeder saß wie auf dem Präsentierteller. Kein Wunder, dass niemand sich traute, wirklich ehrlich zu sein.

Ein paar Monate später begleiteten wir dieselbe Gruppe wieder. Diesmal in unserem Penthouse: Viele Fenster, viel Platz, viele Pflanzen. Und plötzlich – andere Gespräche. Mehr Mut. Mehr Menschlichkeit. Der Unterschied war nicht das Thema. Es war der Raum.

Der Raum als Resonanzkörper

Wenn wir über gute Führung, über Veränderung oder Kreativität sprechen, dann reden wir oft über Methoden, Tools, Prozesse. Aber was ist mit dem Setting? In der Psychologie spricht man vom „sozialen Feld“ – jenem unsichtbaren Netzwerk aus Erwartungen, Erfahrungen und Emotionen, das jedes Gespräch beeinflusst. Räume machen dieses Feld sichtbar. Sie spiegeln, verstärken oder bremsen.

Wir fragen uns oft: Wenn Räume sprechen könnten – was würden sie sagen?
Würden sie unsere Meetings als lebendig oder routiniert beschreiben?
Würden sie sich als Gastgeber fühlen – oder als Abstellkammer?

Die Architektur der Mitverantwortung

Wussten Sie, dass die Form eines Raumes unser Verhalten stärker beeinflussen kann als eine klare Regel? In einer Studie über Bibliotheken zeigte sich, dass Räume mit niedriger Decke und langen Gängen häufiger zu leisem Verhalten führten – ganz ohne „Bitte leise“-Schilder. Die Architektur erzeugt implizite Regeln. Räume leiten, ohne zu führen.

In Co-Creation-Prozessen bedeutet das: Ein Stuhlkreis auf Augenhöhe fördert das Gefühl von Gleichwertigkeit stärker als jede PowerPoint über Teamkultur. Eine Lounge-Ecke lädt eher zum Träumen ein als ein rechteckiger Besprechungstisch. Der Raum kann Ihnen helfen – oder er kann Sie sabotieren.

Was wir als Moderatoren tun können

Stellen Sie sich vor, Sie würden einen Workshop nicht nur inhaltlich, sondern auch räumlich kuratieren. Nicht im Sinne von Deko, sondern als bewusste Einladung. Wie würde das aussehen?

  • Vor dem Workshop: Kommen Sie frühere in den Raum als die anderen Teilnehmenden und nehmen Sie den Raum bewusst wahr. Wie fühlt er sich an? Wo fließt Energie, wo zieht sie sich zurück? Was könnte den Prozess fördern, was hemmen?

  • Während des Workshops: Wechseln Sie die Sitzordnung, wenn die Energie stagniert. Laden Sie die Gruppe ein, sich einen Ort im Raum zu suchen, der zur jeweiligen Aufgabe passt.

  • Nach dem Workshop: Fragen Sie nicht nur nach dem „Wie war der Inhalt?“ – sondern auch: „Wie war der Raum für Sie? Was hat Ihnen geholfen, was hat gestört?“

Sie werden überrascht sein, wie viele Menschen genau das gespürt haben, ohne es benennen zu können.

Der stille Co-Trainer verdient mehr Aufmerksamkeit

In einer Zeit, in der psychologische Sicherheit, hybride Zusammenarbeit und kreative Prozesse in aller Munde sind, wird es Zeit, den Raum wieder ernst zu nehmen. Er ist nicht nur Kulisse. Er ist Akteur. Co-Trainer. Verstärker. Spiegel.

Oder um es mit den Worten einer Teilnehmerin zu sagen, die nach einem Workshop ganz leise lächelte: „Ich wusste gar nicht, wie viel ein Raum mit mir machen kann. Ich habe mich hier zum ersten Mal eingeladen gefühlt, ich selbst zu sein.“ Genau das ist unsere Aufgabe: Räume zu gestalten, in denen Menschen sich eingeladen fühlen, sich zu zeigen. Nicht mehr – aber auch nicht weniger.

Unser Innovationsraum und unser Penthouse bestehen bewusst aus mehreren Bereichen, die die Teilnehmenden in unterschiedliche Stimmungen versetzen können. Wir helfen Ihnen gerne bei der Raumauswahl und bei der konkreten Nutzung der unterschiedlichen Bereiche.

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Der Tisch steht im Weg: Wie Raumaufbau Gruppenprozesse stört oder stärkt