Der Raum in Worte

Wenn Menschen sich sicher fühlen, sprechen sie anders, denken weiter, hören tiefer zu. Und genau deshalb lohnt es sich, als Trainer:in darüber nachzudenken, wie der Raum wirkt – und wie Sie mit Teilnehmenden darüber sprechen können, ohne dass es esoterisch klingt.

Aber wie spricht man über so etwas Flüchtiges wie Raumgefühl, ohne gleich in Verdacht zu geraten, den Workshop mit Klangschalen einzuläuten?

Räume wirken – auch wenn wir sie nicht benennen können

Es ist wie mit Gerüchen. Kaum jemand kann exakt sagen, warum ihn ein bestimmter Duft an Geborgenheit erinnert. Und doch ist das Gefühl eindeutig. Ähnlich geht es uns mit Räumen. Sie erzeugen Resonanz, bevor ein Wort gesprochen ist. Studien zeigen: Menschen entscheiden in den ersten 90 Sekunden, ob sie sich in einem Raum sicher fühlen – noch bevor die Agenda startet.

In einem Experiment der Universität Amsterdam zeigte sich, dass Teilnehmende, die sich in einem ästhetisch ansprechenden Raum befanden, deutlich kooperationsbereiter und kreativer waren – obwohl sie das Setting selbst kaum erwähnten. Der Raum wirkte – unterhalb der Sprache.

Die Sprache des Raumes finden

Was können wir also tun, um den Raum ins Gespräch zu bringen, ohne dass es esoterisch wirkt? Wir schlagen eine pragmatische Dreiteilung vor:

  1. Fragen stellen statt Aussagen machen

Fragen öffnen – auch im Raumkontext. Statt zu sagen „Dieser Raum hat eine gute Energie“, laden Sie die Gruppe ein, selbst zu spüren:

„Was fällt Ihnen an diesem Raum auf?“
„Was brauchen Sie, um gut hier arbeiten zu können?“
„Gibt es eine Ecke, die sich für diese Aufgabe besonders eignet?“

So machen Sie den Raum zum Mitspieler.

2. Metaphern statt Konzepte

Es hilft, das Unsichtbare sichtbar zu machen – nicht mit Fachbegriffen, sondern mit Bildern:

„Dieser Raum wirkt auf mich wie ein weites Feld – offen, aber vielleicht auch etwas orientierungslos.“
„Das Setting erinnert mich an ein Wohnzimmer – was macht das mit unserer Diskussion?“
„Die Fensterfront fühlt sich an wie ein Schaufenster – wollen wir gesehen werden oder brauchen wir gerade etwas Schutz?“

Sie müssen nicht erklären, wie Architektur auf das Nervensystem wirkt. Ein gutes Bild reicht.

3. Wahrnehmung statt Bewertung

Vermeiden Sie Worte wie „schön“, „inspirierend“ oder „neutral“ – sie sagen mehr über den Sprecher als über den Raum. Sprechen Sie lieber über das, was ist:

„Es ist kühl hier.“
„Das Licht fällt stark von der Seite.“
„Die Stühle stehen sehr nah beieinander.“

Solche Beobachtungen sind konkret. Sie laden ein zur Interpretation, ohne eine Richtung vorzugeben.

Räume als Resonanzräume ansprechen

Manche Räume machen es leicht: ein sonnendurchflutetes Loft, warme Farben, viel Luft und ein Gefühl von Ankommen. Andere wirken distanziert – oder sogar abweisend. Entscheidend ist nicht, dass wir das bewerten, sondern dass wir es wahrnehmen und zur Sprache bringen. Nicht als Selbstzweck, sondern um zu ermöglichen, was Menschen in Workshops oft dringend brauchen: einen sicheren Rahmen, in dem sie sich zeigen dürfen.

Wir haben einmal einen Strategieworkshop begleitet, der nicht in Gang kommen wollte. Trotz guter Agenda, motivierter Gruppe, erfahrener Moderation. Erst in der Reflexion sagte jemand:

„Ich hatte das Gefühl, dass meine Ideen hier keinen Platz haben – der Raum ist so vollgestellt und eng.“
Die Aussage war nicht metaphorisch gemeint. Aber sie war es doch. Räume sprechen über uns – wenn wir hinhören.

Worte finden für das, was wirkt

Vielleicht ist es das größte Missverständnis, Räume nur als Hintergrund zu betrachten. Dabei formen sie Vordergrund mit – subtil, aber entschieden. Und gerade weil ihre Wirkung so schwer zu greifen ist, lohnt es sich, sie zur Sprache zu bringen. Nicht poetisch. Nicht belehrend. Sondern als Einladung.
Zum Beispiel so: „Was bräuchte dieser Raum, damit Sie sich hier wirklich willkommen fühlen?“

Vielleicht beginnt die Veränderung genau da – mit einem Gespräch über etwas, das immer da ist, aber selten gefragt wird. Und wenn Sie wissen wollen, wie gute Räume wirken, kommen Sie uns doch in unserem Design Thinking Space besuchen!

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Wie die richtige Raumgestaltung zu besseren Entscheidungen führt

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